Nach einer verkorksten zweiten Saisonhälfte, wollte ich mir noch etwas Schönes gönnen und ohne große Vorbereitung und Druck beim Trail Marathon in Heidelberg an den Start gehen. 2015 bin ich dort in einer für mich zufriedenstellenden Zeit von 4:57 schon einmal gelaufen und habe den Wettkampf in einer guten Erinnerung behalten.
Die letzten Wochen standen nur lange Läufe zwischen 20 und 30 km zu Buche, allerdings gepaart mit Tempoläufen oder Intervalleinheiten in jeder Woche und einigen Trailkilometern. Ich wollte und will derzeit einfach keine hohen Umfänge laufen und probiere es vielmehr über die Intensität der Einheiten – wie ich feststellen musste, nicht perfekt, aber brauchbar.
Die Anreise nach Heidelberg gestaltete sich problemlos. 5 Uhr aufstehen, Frühstück zum Mitnehmen vorbereiten, Kaffee aufsetzen und um 6:30 mit dem Auto los. Schließlich war die A6 auf Grund von Bauarbeiten bei Sinsheim komplett gesperrt.
Es kommt, wie es kommen musste. Wenn man rechtzeitig los fährt, Zeitpuffer einplannt, sich vorab über die Route informiert hat, dann ist kein Verkehr, man rollt problemlos Richtung Westen und steht im Parkhaus unterhalb des Veranstaltungsgeländes (das ist wirklich klasse!) viel zu früh auf einem der zahlreichen freien Plätze. 8:30 in Heidelberg wenn um 11:00 der Start ist…
Also schnell die Unterlagen abholen und sich noch in einen italienischen Bäcker mit lauter klassischer Musik setzen und einen klasse Kaffee trinken.
Ich fasse den Entschluss, nun doch mit meinem kleinem Rucksack Camelbak
Nano Vest zu laufen, weil ich dann die Gels besser verstauen kann und
mein Handy für das LiveTracking (meine liebe Frau verfolgt die
Wettkampfentwicklung einfach gerne) einstecke. Leider verzichtete ich
auf eine Trinkflasche, welche nicht vorgeschrieben war und von den
meisten auch nicht mitgenommen wurde, sich jedoch später als extrem
hilfreich herausgestellt hätte.
Pünktlich um 11 Uhr ging es auf die Strecke und die angekündigten 27°C
bei strahlendem Sonnenschein schienen immer realistischer. Über den
Neckar ging es den Philosophenweg hinauf Richtung Thingstätte und ich
musste zum wiederholten Male feststellen, dass mich Bergauflaufen nicht
mehr anstrengt, als bergauf gehen. Ja, dass ich beim Gehen eigentlich zu
langsam bin. So lief ich jeden Anstieg hoch, blieb im Flachen locker
und ging nur die Stufen bei der Thingstätte. Richtung Weißen Stein
weiter im Auf und Ab laufend, vielen mir vier Dinge sehr schnell auf:
– ich bin auf diesem Abschnitt schneller als vor drei Jahren
– Downhills gelingen mir immer besser und ich bin schneller als die meisten Anderen
– die VP’s sind für einen Lauf ohne Autonommie bei den Temperaturen weit auseinander
– Auf den ersten 17km legen wir schon knapp 1000 der 1500 Höhenmeter
zurück – die jedoch extrem kurzweilig und mit ein paar schönen
Trailabschnitten
Nach dem Weißen Stein geht es erst in einem gemäßigten Downhill runter,
bevor wir über ca. 4km einer langweiligen, brettebenen
Schotter-Waldautobahn folgen – für den Kopf alles andere als förderlich,
aber das Tempo bleibt gleichmäßig und ich beginne von einer deutlichen
Verbesserung meiner Endzeit zu träumen. Bei jedem VP kippe ich mir alles
was geht an Getränken rein, bis der Magen gefühlt platzt.
Bei km 30 überqueren wir den Neckar erneut und erreichen den vorletzten
VP. Bis dahin konnte ich viele Läufer der kürzeren Strecke und auch
einige Staffelläufer einholen. Ich wähne mich irgendwo im guten
Mittelfeld, merke aber auch, dass mein rechtes Bein erneut Probleme
macht und der Muskel bis runter in die Zehen zieht. Noch nicht allzu
schlimm, aber immerhin so deutlich, dass ich im Downhill vorsichtig
werde.
Ab dem Necker geht es bis km 36 nur noch bergauf und spätestens hier
wünsche ich mir einen weiteren VP oder meine Trinkflasche… Zuerst
arbeiten wir uns über Forststraßen hoch und legen weitere 300 Meter
zurück, bevor die Himmelsleiter mit den letzten 200 Metern folgt.
Unzählige ungleichmäßige Steinstufen rauben mir viel Kraft und zwingen
mich ein ums andere Mal zum kurzen anhalten. Ab hier war ich 2015
schneller unterwegs gewesen und mein Zeitpuffer auf die Endzeit von vor 3
Jahren wird immer kleiner.
KM 36 bedeutet die Gipfelspitze, viel Applaus und den letzten VP. Noch
einmal trinken, trinken und trinken und dann auf zum schwierigsten
Downhill des Tages. Viele große Steine lassen mich zwar noch laufen,
jedoch nicht mehr so schnell, wie erhofft. Verdammt das wird eng.
Auf einer guten Forsstraße angekommen bricht mein Wille fast auseinander! Es geht wieder bergauf.
Jetzt gehe ich aber und lass mich von anderen Läufern überholen. Das
Bein tut nun richtig weh, die Kraft ist alle ich will ins Ziel. Zu allem
Überfluss kann ich die Pinkelpause nun auch nicht mehr Aufschieben und
lass weitere Zeit liegen.
Aber was sehen meine Augen da: das Schild 40 km und eine Asphaltraße –
wir haben Heidelberg erreicht. Nun rollt es wieder besser, ich werde
schneller und schneller und arbeite mich weiter Richtung Altstadt vor.
Passiere bei km 41 einen Rettungswagen, in den gerade ein Läufer
geschoben wird (der arme Kerl – kurz vorm Ziel), werde trotzdem noch
überholt und erreiche nach 4:52 das Ziel am Karlsplatz. Platz 103 von
244 Männern ist in Ordnung, aber nicht so gut, wie erhofft.
Fazit:
5 Minuten schneller sind zwar weniger als zwischenzeitlich erhofft, aber
nach dem gelungenen Wallenstein Halbmarathon der zweite Erfolg im
Hinblick auf mein Tempo. Damit bin ich zufrieden und glücklich. Hohe
oder besser gesagt höhere Temperaturen liegen mir zum Laufen nicht so.
10 bis 15°C sind für mich einfach besser, was die Zeitenverbesserung für
mich noch wertvoller macht.
Die neuen Hoka Speedgoat 2 könnten vorne einen kleinen Tick breiter
sein, sind aber ansonsten stabil und saugriffig – kommen bestimmt wieder
zum Einsatz. Auf jeden Fall muss ich etwas unternehmen, um den Muskel
wieder in den Griff zu bekommen. Die Veranstaltung selber ist gut
organisiert und die Strecke ist für Traileinsteiger gut zu laufen. Sie
ist nicht besonders technisch, hat eine überschaubare Anzahl an
Höhenmetern und schreibt keine teure Ausrüstung vor – und genau dies ist
ein Problem: eigentlich brauchen sie dann mehr VP’s, wenn es so warm
wird.
Heimreise:
Ich sag nur Vollsperrung A6… Da viel es gar nicht mehr ins Gewicht,
dass ich nur noch hinken konnte und mich in und aus dem Auto quälen
musste. Solch einen Muskelkater hatte ich schon seit dem MIUT nicht
mehr.
Viele Grüße,
Thorsten