- Samstag, 16. bis Sonntag, 17. November
- 47,5 km + 1380 HM und weil es so schön war 47,8 km + 1240 HM
- 8 h 43 min und 7 h 55 min
Wie wird das Wochenende werden? Wie klappt die gemeinsame Zeit unter Belastung? Es bleibt trotz aller Vorfreude immer ein Fragezeichen, welches sich erst im Laufe der Zeit zu einem Punkt wandelt. Ich denke nur an die für mich sehr fordernde Aktion rund um den schönen Gardasee, die tiefe Entspannung auf der Parenzana oder die bisher drei Etappen auf dem Fränkischen Gebirgsweg.
Alle waren wunderschön, aber bei drei gefestigten Charakteren auch nicht immer ohne Diskussionen über Planungen, Wünsche und Bedürfnisse – weil diese Menschen diese Menschen sind, würde ich mich aber jederzeit wieder darauf einlassen und mit ihnen die höchsten Gipfel oder die weitesten Distanzen in Angriff nehmen.
Im Gegensatz zu den ersten Etappen wechseln wir dieses Mal von der Fränkischen Schweiz in das südliche Fichtelgebirge – und dort sieht es mit der ÖPNV Anbindung nicht gut aus (und das obwohl ich mittlerweile ein Fan der Öffentlichen geworden bin). Dies war einer der Gründe, warum wir uns auch sehr, sehr lange Zeit gelassen hatten, bevor wir wieder auf den Weg gingen, denn ohne eine Übernachtung, also einem ganzem Wochenende, ist es einfach nicht vernünftig zu planen gewesen. Mit Creußen und Neusorg haben wir jedoch zwei Bahnstationen gefunden, die eine unkomplizierte (zumindest war dies die Hoffnung) An- und Abreise ermöglichen sollten.
Etappe 4: Creußen nach Fichtelberg
Ein Herbsttag von seiner schönsten Seite. Sonnenschein, buntes Laub, milde Temperaturen und trockene Böden. Wir laufen langsam los, reden pausenlos, steigen Hügel hinauf und wieder hinunter. Entlang dem Roten Main geht es auf den letzten Kilometer der Fränkischen Schweiz in Richtung Bayreuth und der Eremitage. Langsam aber stetig ändert sich der Wald, der Boden, das sichtbare Gestein: Willkommen im Fichtelgebirge
Wir passieren ein ehemaliges Goldbergwerk, streifen nun durch Nadelwälder mit moosigem Boden und verschiedenen Zeugnissen des jahrhundertlangen Bergbaus der Region.
Mit einer Freude und viel Lachen erreichen wir Bischofsgrün gegen 15 Uhr und kehren auf Schnitzel, Cordon Bleu und Bier ein. Hansi signalisiert uns zu diesem Zeitpunkt, dass sein Bein Schwierigkeiten bereitet – für uns noch kein Grund zur Sorge. Wir geben im Hotel Bescheid, dass wir nicht bis 18:00 einchecken können und machen uns langsam auf zum Höhepunkt des Tages: dem Ochsenkopf
Dem zweithöchsten Berg des Gebirges und damit des gesamten Wanderwegs.
Sehr schnell dämmert es nun im November und wechselt in völlige Dunkelheit schon während des Aufstiegs zum nebligen Berg. Wir passieren die neue Gondel auf den Berg und schauen sie erstmal ungläubig an: eine zusätzliche Gondel für den Winterbetrieb auf einen Berg mit knapp über 1000 Meter Höhe? Zumindest kann man dieses Projekt, diese Ausgaben, diesen Eingriff in den Bergwald auch anders betrachten.
Der Abstieg wird dann leider für unseren Hansi zur richtigen Belastung. Über die Steine kann er nur noch abwärts gehen und die letzten wenigen Kilometer nach Fichtelberg werden länger, aber gegen 18:30 ist es vollbracht und wir sinken gemeinsam verschwitzt in der Hotellobby in die Sessel und trinken ein kühles Blondes. Bis in die frühe Nacht hinein quatschen, diskutieren, lachen und trinken wir mit so viel Lebenslust und Lebensfreude, dass ich mich wieder über jede Minute mit ihnen freue.
Etappe 5: Fichtelberg nach Neusorg
Viel zu früh werden wir, Hansi und ich, wir teilen uns ein Zimmer im Hotel, wach. Wir wollen los. Sind im Berufsalltag andere Uhrzeiten gewohnt. Vor der Zeit stehen wir im Frühstückssaal auf dem Teppich und sind hungrig und durstig – mit echter Freude werden wir schon begrüßt und können loslegen. Der Tagesplan sieht jedoch für heute eine Änderung vor…
Hansi wir mit Flo eine direkte Strecke zum Mittagessen in Reichenbach wandern, während ich die Originalroute ablaufe und wir uns dort treffen. Also raus in den grauen und deutlich kälteren Tag. Schnee fällt.
Mit zügigen Schritten und vielen Laufpassagen geht es auf leichten Wegen vorbei am Fichtelsee, der zu dieser Zeit völlig einsam und ruhig oberhalb des Ortes liegt, und aufwärts zum höchsten Berg Frankens, dem Schneeberg
Früher war er Sperrgebiet und diente der USA als Radarstützpunkt und noch heute kann man die Anlage als historisches Zeugnis bestaunen und besichtigen. In dem Nebel, bei den Minusgraden und im immer stärker werdenden Schneefall geht es für mich aber sehr schnell über den Berg und hinein in den Downhill im Wald. Auf zum Teil verblockten Wegen ziehen sich die Kilometer über schöne Trails zum Nußhardt und zur Platte. Irgendwann ist der Spaß zu Ende und ich komme 5 Minuten nach den Jungs in der Gaststätte an – perfekt – und werde mit Bier versorgt – herrlich. Der ältere Mann am Nachbartisch erzählt davon, wie er früher einmal Bayern und dann Deutschland laufend umrundet hat – auf solche Ideen sind Sportler also schon vor Jahrzehnten gekommen und damit sind die modernen Influencer bzw. Influencerinnen gar nicht mehr so modern. Aber wie heißt es augenzwinkernd: Wenn es nicht auf Strava ist, ist es nicht passiert
Das Zahlen überlasse ich den Jungs und breche sehr schnell nach dem Essen auf. Auf mich warten noch 23 km und auf die beiden 7 km bis Neusorg. Geplant ist, dass sie einen Zug, also eine Stunde vor mir, nutzen, auf dem Weg nach Nürnberg aussteigen und wir uns dann in Neuhaus im Kommunbräu treffen. Wie gesagt: ein Plan. Ein Plan, auf den wir uns riesig freuen, denn die Stimmung ist gut, der Tag trotz aller Änderungen wunderbar und wir wollen die gemeinsame Zeit nutzen.
Ich arbeite mich Richtung Norden zur Luisenburg vor, bewundere die Felsformationen, bewundere den leicht liegengebliebenen Schnee und genieße die Stille im Wald. Mit dem letzten Tageslicht komme ich am Bahnhof 20 min vor Abfahrt an, schlüpfe in trockene Kleidung (ein Problem des Winters: nach dem Laufen benötige ich sehr warme Bekleidung, um nicht völlig zu frieren, nur ein wenig) und bemerke, wie die Ankunftszeit sich immer weiter verschiebt. Irgendwann ist der Umstieg nicht mehr möglich und ich käme deutlich später nach Neuhaus – sinnlos. Ich fahre über Bayreuth nach Hause, zittere beim Umstieg nun stark und bin etwas enttäuscht, dass die zwei Tage ein solches Ende genommen haben.
Nach der warmen Dusche macht sich aber ein Gefühl von Dankbarkeit und Freude in mir breit. Es ist nicht alles planmäßig gelaufen, aber vieles war so schön, dass ich mich wieder riesig auf die nächsten drei Etappen mit den Jungs freue. Danke für die Erlebnisse mit euch.
Euer Thorsten