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Parenzana – a journey to Poreč

  • Samstag, 30. September bis Montag, 2. Oktober
  • 123 km in drei Tagen

Die Parenzana

Dreimal (2016, 2018, 2021) war ich bisher in Istrien im Urlaub. Dreimal war ich zur gleichen Zeit bei den 100 Miles of Istria am Start – und bei jedem dieser Aufenthalte in dieser schönen Landschaft mit ihren Kontrasten zwischen Küstenstädten, Meeresluft, Hügelstädten und trockener, sehr menschenleerer Bereiche im Landesinneren haben wir die Trasse der ehemaligen Schmalspurbahn entdeckt. Doch was ist die Parenzana genau?

Die Parenzana, oder kürzer TPC (Trieste-Parenzo-Canfanaro), war eine 123,1 km lange schmalspurige Eisenbahnstrecke, die 33 Orte in Istrien von Triest bis Poreč, zwischen den Jahren 1902 und 1935, miteinander verband. Heute würde sie durch das Gebiet von drei Ländern verlaufen, Italien (13 km), Slowenien (32 km) und Kroatien (78 km).

Der Weg der Gesundheit und der Freundschaft

Parenzana Schild
Im kroatischen Istrien ist die Markierung mit diesen Tafeln mehr als gut

Die Planung

Schon sehr früh Stand der Wunsch im Raum, die Strecke nicht für leistungssportliche Ambitionen zu nutzen, nicht nonstop durchzudrücken – vielmehr sollen es schöne Tage als Morgenspaziergang-Team werden, die Raum für Pausen, Fotos, Eindrücke und ein Wegbier bieten. Ein Genusslauf!
Die Parenzana laufen, als Etappenlauf, als Ultramarathon und trotzdem mit Freude und ohne Kampf.
Für die Planung waren zusätzlich folgende Eckpunkte relevant:

  • Frühstück in den Hotels zu den dort üblichen Zeiten
  • Abendessen in den Hotels oder in Restaurants
  • Übernachtungsgepäck wird von meinen Eltern, die ebenfalls nach Istrien mitfahren, um Urlaub zu machen, im Auto von Ort zu Ort transportiert
  • Hotels so nah, wie es irgendwie möglich ist, an der Strecke auswählen

Damit stellte sich sehr schnell heraus, dass drei Tagesetappen am sinnvollsten sind, die sich allerdings im Hinblick auf die Streckenlängen nicht gleichmäßig verteilen lassen, weil keine passenden Unterkünfte entlang der Strecke im südlichen Slowenien auffindbar waren – und ein größerer Umweg weder praktikabel noch wünschenswert ist. So ergibt sich aber auch eine sinnvolle Abnahme der Streckenlänge vom ersten, über den zweiten, bis zum letzten Tag.

Und nun raus auf die Strecke!


Klassische italienische Pizzeria in Triest
Klasse Pizzeria am Vorabend in Triest

1. Tag: Triest nach Buje

Der Vortag war nicht ohne – das verrät mir mein Kopf. In einem sehr einfachem, von außen hässlichem, innen ordentlichem Zweisternehotel südlich von Triest sind wir einquartiert. Die Umgebung ist nicht hübsch, aber ein klassischer, kleiner Lebensmittelladen in der Nähe mit italienischen Keksen (die liebe ich!!!) und Dosenbier entschädigt zum Teil. Vollständig glücklich werden wir am Abend in der Pizzeria: Steinofenpizza vom Feinsten, italienisches Flair, günstiger, guter und viel Hauswein, Lebensfreude, Lachen und Gespräche bis in die Nacht. Bravissimo!

Mit einer italienischen Gelassenheit muss man die Frühstückszeiten handhaben, für die wir aber mit gutem Kaffee entschädigt werden. Später als gedacht geht es bei strahlenden Sonnenschein auf direktem Wege zum Startpunkt der Parenzana – auf großen Straßen durch Industrieflächen. Hübscher geht es nicht…

Los geht`s auf der Parenzana


Der Startpunkt ist ganz unauffällig mit einem Schild gekennzeichnet und verweist uns direkt auf den asphaltierten Radweg durch eine Vorortlandschaft. Sehr, sehr viele Radfahrer nutzen den Abschnitt Italien-Slowenien für ihren Samstagsausflug, weil er auf einfachen, eher flachen Abschnitten gelegt ist und sich sehr gut mit Straßenrädern befahren lässt. Erst in Kroatien geht es auf die Schotter- und Steinwege und damit in das Mountainbike (evtl. Cyclocrosser) Umfeld. Die ursprüngliche Trasse lässt sich in Italien nicht mehr ausmachen und so laufen wir ohne direkten Bahnbezug den Schildern (und hier noch nicht einmal den ikonischen Tafeln, wie sie in Kroatien verwendet werden) entlang, weichen vielen Radfahrern aus, kaufen in einem Supermarkt kurz ein, lösen dort einen Alarm aus, weil wir einfach durch die Schranke gehen wollten, ohne den Kassenzettel einzuscannen, ärgern uns über ein vermeintlich gekauftes Wasser, was es sich als Wasser mit Zucker und Zitronengeschmack herausstellt (eben kein Limo, sondern Wasser mit Geschmack – hier in Istrien nicht unüblich), quatschen, lachen und überqueren nach kurzer Zeit die nur an einem Schild zu erkennende Grenze nach Slowenien.

Ab diesem Zeitpunkt wird es jedoch deutlich hübscher. Kilometer für Kilometer folgen wir dem Küstenverlauf. Zur rechten Hand immer der Blick aufs Meer, auf die Möwen, auf Badende, die Sonne über uns, die Temperaturen erstaunlich hoch und vor uns piekfeiner Asphalt ohne Autos. Es rollt und rollt vor sich hin und wir legen die Kilometer geschwind zurück. Wir passieren Koper, passieren das Naturreservat Škocjanski zatok, das größte halbsalzige Feuchtgebiet in Slowenien, und biegen in Izola (mit einer Originallokomotive in einem Glaspavillon) zum Yachthafen und der Promenade ab, um uns entspannt auf ein Bier hinzusetzen und die Softflask aufzufüllen. Das Leben kann so einfach sein.

Jedoch können wir hier nicht ewig verweilen, weil wir später gestartet sind und noch einen weiten Weg vor uns haben. Also auf zum nächsten Abschnitt der uns vom Meer wegführt und hinein in das istrische Küstenhinterland mit vielen Weinbergen, Olivenbäumen und erstaunlich grüner Vegetation. Noch immer begegnen uns sehr viele Radfahrer während wir auf Portorož zusteuern und mit einem Schlag im Dunkeln stehen. Sonnenbrille runter, dann fehlt die Sehhilfe, Sonnenbrille auf, dann ist alles dunkel. Durch einen 600 Meter langen, gekrümmten Tunnel geht es in den oberen Stadtteil hinein und dann auf kurzem Weg zu einer Bar mit einem kühlen Hellen. Wir merken die 28°C im Schatten immer stärker und trösten uns mit dem nahenden Grenzübertritt.

Nach wenigen Minuten raffen wir uns auf und laufen nun wieder an der Küste entlang weiter und weiter, passieren die berühmten und mehr als beeindruckend großen Salinen von Sečovlje und nähern uns mit immer noch schnellen Schrittes auf asphaltierten Wegen Kroatien. Ca. 400 Meter vor der Grenze und dem letzten Abschnitt des Tages finden wir noch eine Bar mit Garten und genehmigen uns ein letztes Kühles, aus dem dann zwei werden, bevor wir zum Abschied von der Chefin auf Kosten des Hauses auch noch auf einen Kurzen eingeladen werden – definitiv sehr viel…

Mit Blick auf die Uhr trödeln wir nicht, laufen auf der Straße auf den Grenzübergang zu, drehen vor den Augen der Polizisten ab und laufen an einem kleinen Kanal entlang in die Botanik, bevor wir in den ersten wirklichen Anstieg des Tages gehen. Hier ist zum ersten Mal die alte Bahntrasse wirklich sichtbar und gut nachvollziehbar. Zum ersten Mal kein Asphalt. Wir erkennen, wie sanft sie ansteigt, wie weit sie dafür am Anstieg ins Nirgendwo fahren muss und fühlen uns endlich angekommen. Wir erhaschen immer und immer wieder von oben einen Ausblick auf die alten Salinen unter uns. Zum Teil noch in Betrieb, zum Teil verfallene Gebäude – mehr als beeindrucken. Kurz darauf wird aus dem Schotterweg ein steiniges Unterfangen, welches nur von kurzen Straßenabschnitten unterbrochen wird. Die moderne Verkehrsinfrastruktur hat an manchen Stellen die alte Trasse überformt, aber es geht jedes mal wieder schnell rein in die Landschaft. Die zahlreichen ehemaligen Bahnhöfe sind auf dieser Etappe nicht mehr sichtbar: Trieste, Servola, Monte Castiglione, Zaule, Muggia, Scoffie, Villa Decani, Lazzaretto, Capodistria, Semedella, Isola, Strugano, Portorose, Lucia, Paderno, Sicciole, Salvore, Mazzoria, Caldania – um die ehemaligen italienischen Namen zu verwenden, bzw. Istrien ist in vielen Bereichen noch immer zweisprachig (Slowenisch/Kroatisch und Italienisch). Ein Erbe aus längst vergangen Zeiten, als wir in Europa noch nicht von Nationalstaaten gesprochen haben, als wir überall ein Nebeneinander (nicht immer friedlich, aber schon damals bunter, als man es heute gerne vermutet) von verschiedenen Gruppen hatten. Für Istrien kam der große Einschnitt mit dem Faschismus, dem großen Krieg und dem anschließenden Übergang des größten Teils an Jugoslawien unter Tito. Nun merken wir alle den langen Tag und die Wärme. Die Beine werden schwer und das Ziel wird herbeigesehnt. Wir motivieren uns die letzten fünf Kilometer gegenseitig und erreichen kurz vor Buje die fast an der Strecke gelegene Unterkunft. Mit den letzten Sonnenstrahlen setzen wir uns mit einer Bierdose auf die Straße und freuen uns über dieses Leben.

Angekommen am Etappenziel

Casa Romantica La Parenzana – ein wunderschön saniertes Landhaus, mit erstklassigem Service und einem wunderhübschen Restaurantgarten und gehobenem Essen. Ein herrlicher Ausklang des Tages.

2. Tag: Buje nach Motovun

Die letzte Nacht war deutlich ruhiger und erholsamer, obwohl sie wieder kurz war. Bis in die Nacht hinein saßen wir zusammen, quatschten und lachten – und ließen uns auch nicht davon abhalten, dass einer aus unserer Mitte schon eingeschlafen war und friedlich bei dem Geräuschpegel neben uns seinem Schlafbedürfnis nachkam.
Das Frühstück war dieses Mal göttlich. Reichhaltig, lecker, entspannt – einfach eine wunderbare, gehobene Unterkunft, die ich jederzeit wieder wählen würde.

Mit einer ordentlichen Ladung Sonnencreme auf der Haut (die gelbe Göttin soll uns auch diesen Tag mit mehr als reichlich gelber Pracht verwöhnen) geht es heute früher als gestern los. Geplant sind ca. 45 km und die meisten Aufstiegsmeter der drei Tage, weshalb wir von einem langen Tag ausgehen, obwohl es keine bis kaum Einkehrmöglichkeiten unterwegs gibt.
Auf sandigen bis steinigen Wegen rollen wir los. Wir merken, dass nicht jeder das gleiche Tempo einschlagen würde und so versuchen wir einen Kompromiss zu finden. Mir persönlich ist ein ordentlicher Start wichtig, um am Nachmittag entspannt in Motovun einlaufen zu können: Entspannt ein Bier, duschen, umziehen, nicht zu spät zum Abendessen gehen – das wäre meine Hoffnung. Aber letztendlich wird es kommen, wie es kommen soll.

Unser erster und größter Halt ist nach ca. 11 km Grožnjan, einer wunderschönen alten und aus unserer Sicht sehr kleinen Hügelstadt, die noch vollständig mit ihren Mauern, Gebäuden, Kirche erhalten ist. Wie viele dieser Orte stand auch diese Stadt schon kurz vor der vollständigen Aufgabe, wurde aber von Künstlern entdeckt und zu einer Künstlerkolonie umfunktioniert. Heute ist sie eine Mischung aus Touristen, Souvenirs, Künstlern aller Art, wenigen Restaurants und Cafés (hier habe ich meinen heimlichen Favoriten mit einer herrlichen Terrasse und einem wunderbaren Blick von oben in die istrische Landschaft). Auf dem Weg dorthin passieren wir schon den ersten Tunnel von insgesamt sechs Stück, sehen unseren ersten erhalten gebliebenen Bahnhof (diese sind an ihrem charakteristischem Äußeren in diesen zwei Tagen immer wieder einfach zu erkennen, obwohl sie zu Wohngebäuden umfunktioniert wurden. Heute sind es: Buie, Tribano, Grisignana, Castagna, Piemonte D’Istria, Portole, Bagni San Stefano – Levade und Montona) und „geraten“ in ein Mountainbikerennen junger Kroaten und Slowenen (in Istrien mischen sich auf spielerische Art die Bewohner unterschiedlicher Länder ganz selbstverständlich – eigentlich einer der Grundgedanken des modernen Europas). Vor der Kirche in Grožnjan starten sie zeitversetzt und mit viel Musik und lauter Ansage auf ihren erstklassigen Rädern. Wir genehmigen uns in einem Café daneben einen Kaffee und verfolgen das Treiben ein wenig. Die Gedanken schweifen umher und ich spiele mit der Überlegung in dieser Landschaft auch einmal in die Pedale zu treten…

Wir schlendern noch kurz durch den Ort und dann passiert es – wir verlieren uns aus den Augen. An sich kein Problem, man telefoniert sich wieder zusammen bzw. wir laufen aus dem Ort heraus wieder den gleichen Weg zurück und damit zurück auf die Strecke (alle Bahnhöfe sind nicht in den Hügelstädten gelegen gewesen, sondern unterhalb dieser, um die Steigungen so moderat wie möglich zu halten) – so war es zumindest abgesprochen und Hansi und ich setzten es auch so um. Wir rechnen damit, dass Flo uns in ein paar Minuten einholen wird, nur leider wählt er eine andere Route, weil er nicht die gleiche Straße doppelt laufen will und landet oberhalb des Tunnels, durch den wir laufen…
Es wird mehrere Kilometer dauern, bis uns das Ausmaß dieses Irrtums klar ist, wir warten und er aufschließen kann. Ein paar klärende Worte, ein paar „dumme“ Sprüche und die Welt ist wieder in Ordnung.

Nachdem wir uns gesammelt haben, geht die Reise in diesem hübschen Fleckchen weiter und wir beginnen über die Verquickung von Technologie, Wirtschaft und Gesellschaft zu diskutieren – ich liebe unsere Gesprächsthemen beim Laufen. So unkompliziert schwenken wir auf komplexe Themen um und beginnen sie in aller Ruhe zu zerlegen. I love it

Weniger liebe ich, dass schlagartig von einem auf den anderen Kilometer beide Garmin Uhren, das Handheld und meine Suunto (ich bin ein großer Fan der Finnen) 10 Kilometer weniger Restdistanz anzeigen. Vorher war alles exakt so wie es Komoot UND Suunto berechnet hatten. Die Restkilometer und die schon gelaufenen Kilometer ergaben immer die geplante Gesamtdistanz. Wir sind nicht von der Strecke abgekommen, sehen auf dem Handheld auch, dass wir exakt auf dem Track waren und sind – und trotzdem haben wir innerhalb eines Kilometers zehn weitere Kilometer verloren. Ich kann es mir nicht erklären (Ich kann es auch Wochen später noch nicht erklären. Technisch ist es mir ein Rätsel und ist mir in all den Jahren auch noch nie passiert)

Und nun? Hansi muss dringend mit der Arbeit telefonieren, um ein großes Problem zu lösen, d.h. eine kleine Pause einlegen, die ich nutze, um meine Eltern anzurufen. Sie sind noch unterwegs und besichtigen andere Orte (hätte ich mir auch denken können), d.h. wenn wir jetzt die restliche Strecke bis Motovun durchlaufen würden, dann wären wir nicht nur viel zu früh am Hotel, sondern auch ohne Gepäck und die Möglichkeit die Zeit dort zu nutzen.
Also Smartphone zücken, ein Blick auf die Karte werfen und siehe da: unterhalb es Zielortes in Livade gibt es eine Bar – nichts wie hin.
An der frischen Luft und im Schatten sitzen wir an diesem herrlichen Sonntag zusammen mit lauter Einheimischen im Ort und lassen es uns richtig gut gehen. Manchmal muss man einfach das Beste aus einer Situation machen.

Immer und immer wieder fahren Gravelbiker mit Startnummer und Reisegepäck an uns vorbei, während wir in der Bar sitzen und entspannen. Irgendwann ergibt sich die Gelegenheit und Flo spricht sie an – eine Mehrtagesfahrt, bei der man sich die Etappen selbst einteilt und die durch ganz Istrien führt. Klasse Aktion und meine Hochachtung vor den Athleten, denn dagegen sind wir heute nur „spazieren“. Zwei Radrennen an einem Tag (und es sollte in diesem Urlaub nicht das letzte sein): Istrien hat nicht nur das größte (Ultra-)Trailrennen Kroatiens, sondern auch eine blühende Bikeszene.
Nach fast drei Stunden brechen wir auf und laufen in die langsam schwächer werdende und untergehende Sonnen hinein. Das Licht ist magisch und Glücksgefühle kommen auf – bei Flo, bei Hansi, bei mir, einfach bei uns allen. Dankbarkeit für diese Erlebnisse breitet sich aus. Wir beschließen die heutige Etappe um den langen Tunnel von Motovun zu verlängern und später in den Ort aufzusteigen. Zeit haben wir und morgen sind wir dann schneller im Ziel. Passt. Es passt auch, dass wir uns noch schnell eine Kleinigkeit zum Essen an einem Imbiss holen und einen Schluck trinken.

Motovun: DIE Hügelstadt Istriens. Die ganze, uralte Stadt (solch alte Bausubstanz ist in dieser geballten Form, in Form einer ganzen Stadt, aufgrund des Krieges in Deutschland nicht mehr zu finden) schmiegt sich an den Hügel, wird von einer sich den Hang hoch und herum ziehenden Hauptstraße verbunden und wird von einer in die Stadt eingebetteten Burg gekrönt. Knapp unterhalb dieser befindet sich das Hotel für die Nacht – das nächste Highlight
Wir sitzen auf der Dachterrasse, sehen aus der Stadt hinaus auf die umliegenden Hügel und schauen der roten Feuerkugel in ihren letzten Momenten zu.
Das Hotel ist schön renoviert, liebevoll hergerichtet und liegt mitten im Herzen des Ortes. Das kleine Bad und die relative Enge der Zimmer ist dem Häuserbau dieser mittelalterlichen Stadt geschuldet und stört uns überhaupt nicht, weil es ein stimmiges Gesamtpaket ist. Das Abendessen (mit Trüffel) nehmen wir im Innenhof des Burgrestaurants unter Bäumen zu uns. Trinken einen Hauswein und verquatschen uns wieder. Spät geht es die paar Schritte zurück und Flo und ich lassen uns noch in der Hotellobby nieder, um noch etwas Gesellschaft zu genießen. Die Nacht wird wieder kurz.

3. Tag: Motovun nach Poreč

Der letzte Tag bricht an. Die letzte Etappe will unter die Füße genommen werden. Für mich sind es völlig neue Kilometer, hoffentlich neue Eindrücke und wieder vergnügliche Stunden zu dritt. Der kürzeste Tag mit den meisten Downhill Metern (sofern man auf dieser sanften Bahntrasse davon sprechen möchte) liegt vor uns.
Das Hotel hält am Morgen beim Frühstück, was es am Abend versprochen hat: es passt einfach alles und mit frisch für jeden zubereitetem Rührei mit Trüffel gibt es obendrein ein kleines Schmankerl für jeden Begeisterten. Ehrlich gesagt, könnte ich so noch tagelang laufen…

Bis zum Abschluss der Reise werden wir einige Bauwerke und noch mehr Landschaftseindrücke gesammelt haben:

  • 35 Bahnhöfe
  • 7 Viaducte
  • 8 Tunnel

Blick aus dem Speisesaal auf das nebelverhangene Zentralistrien

Raus aus dem Hotel und wir stehen mitten an der Burg im Zentrum der Stadt. Ein paar Fotos am obersten Stadttor lassen wir uns nicht nehmen, blödeln herum und schlendern tiefenentspannt auf der kleinen Straße von gestern aus dem Ort hinab.
Schnell geht es in einen sanften Anstieg, der sich Kilometer über Kilometer zieht und erst in Vižinada endet. Überhaupt nichts schwieriges und alles sehr ruhig – Montags sind die meisten einfach auf Arbeit und nicht auf der Parenzana. Unterbrochen wird die Ruhe nur kurz durch einen jungen Mann auf einer Motocross Maschine, der uns überholt, um kurz darauf einen steilen, schmalen Pfad in ein ausgetrocknetes Flussbett hinunterzufahren – Wow. Ich hätte mich, trotz meiner langjährigen Fahrpraxis, dabei schon mehrfach überschlagen.

In Vižinada kaufen wir kurz in einem Supermarkt ein und setzen uns an eine Modelllok im Originalmaßstab. Die Loks auf der Parenzana waren spürbar kleiner, als jene, die wir von Deutschland gewohnt sind. Wär jetzt die riesigen Dampfloks aus Eisenbahnmuseen, wie z.B. im Bayerischen Wald oder Erzgebirge, im Kopf hat, wird überrascht sein.
Die Sonne brennt wieder und die Beine fühlen sich träge an. Nach einer fast zu langen Pause geht es am alten Bahnhof vorbei wieder hinaus in die Kulturlandschaft, vorbei an Olivenernten, Wäldern, sandigen Böden und unter der Aufsicht der gelben Pracht

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Ab hier geht es nur noch abwärts. Immer fein, nie steil und so verstreicht Kilometer um Kilometer. Ein schnelles kühles noch an einer Gaststätte genehmigt und dann lassen wir es Richtung Zielort mit hoher Geschwindigkeit laufen, weil es einfach so gut tut aus dem Schlappschritt einmal auszubrechen. Zuerst zieht Flo an, direkt danach Hansi, der Abstand wächst auf 500 Meter an – nun packt mich der Ehrgeiz. Ich beschleunige, beschleunige weiter, der Abstand wird kleiner und kleiner, ich lauf vorbei und binnen kürzester Zeit liege ich 100 bis 200 Meter vorn. Kindisch? Ja wahrscheinlich. Lustig? Ja und darauf kommt es an.

Hier dümpeln die Kilometer unspektakulär vor sich hin. Die Strecke ist nicht hässlich, aber sie bietet auch rein gar nichts mehr – besonderes nach den letzten beiden Tagen. Die Orientierung wird jetzt schwieriger. Große Straßen haben die Trasse völlig zerstört. Die Beschilderung wird schlechter – eigentlich hat dieser wunderbare Weg ein solches Ende nicht verdient.
Wir stehen am Hafen von Poreč – schauen endlich wieder aufs Meer. Holen uns ein Bier und lassen uns am Kai nieder und blicken stundenlang aufs Wasser. Was will man mehr?

Euer Thorsten