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Fränkischer Gebirgsweg – Der dritte Streich: Hochstahl nach Creußen

  • Samstag, 21. Januar 2023
  • 72,3 km + 1350 HM
  • 13 Stunden mit einer laaaaaangen Pause oder kurz gesagt: das Bier war lecker

Die Morgenspaziergang Gang holte sich für die heutige, lange Etappe Verstärkung: Marc es hat Spaß gemacht!

Nachdem wir beim letzten Mal schon in Hochstahl aussteigen mussten, verlängert sich der Weg dieses Mal auf über 70 km, im Winter, bei Dauerfrost, etwas Schnee und Eis. Hilft aber alles nichts – wir müssen bis Creußen und zum Bahnhof kommen.
Um 8 Uhr starten wir vier mit einem „Taxi“ nach Hochstahl: Danke Mareike! Über 2 Stunden fahren, nur damit wir laufen können…

Viele warme Klamotten + Essen + Wasser + Balu, Fränki und Pu

Zu Weihnachten gab es für die Jungs die (bezahlte)Wandermarkierung auf Metallschildern und einen fränkischen Teddybären (+ Biere der ganzen Brauereien auf dem gut 400 km langen Weg) – und Schild und Bär wandern nun an den Rucksack!
Bei jedem der Morgenspaziergang Truppe 😉

Gutes Bier

Locker, aber sehr kalt geht es los und wir laufen langsam und gemütlich an der Brauerei Kathi vorbei (ein beliebter Motorradtreff im Sommer) und hinüber nach Aufseß (die Gemeinde Aufseß rühmt sich als Weltrekordhalter: die Höchste Dichte an Brauereien im Verhältnis zur Einwohnerzahl). Auf den ersten 20 km ist die Markierung aber schlecht und ohne technische Hilfsmittel würden wir noch größere Umwege laufen. Die Schlösser Unter- und Oberaufseß passieren wir sehr zügig.

Leider ist bei Gruppen immer wenig Zeit für mich, um sich alles anzuschauen, zu fotografieren und ein wenig verträumt in der Gegend herumzuschauen, ABER dafür gewinne ich Gesellschaft und eine unglaublich lustige Zeit.

LKW ohne ABS

Bei km 15 erreichen wir Hollfeld, die letzte Möglichkeit einzukaufen…
Ja, es gibt im Winter dann keine Möglichkeit mehr irgendwo etwas zu bekommen, da die Bäcker dann geschlossen haben, es keine Supermärkte gibt, die wenigen Gaststätten erst Abends öffnen bzw. Winterruhe haben, kurzum wir wirklich (im hübschen!) Nirgendwo sind.
Hansi und Marc gehen zum Bäcker und Flo und ich fiebern einem LKW (Leberkäsweckla) ohne ABS (a bisserla Senf) entgegen. Während Flo in die kleine Metzgerei geht, sich anstellt, warte ich draußen und schau ihm durch das Schaufenster zu. So weit unspektakulär.
Eine etwas ältere Dame wartet draußen auf Platz im Metzger, bestaunt meinen Rucksack und schüttelt den Kopf (leider merkt sie nicht, dass ich sie durch die Spiegelung sehen kann) – die Frage ist nur: wer von uns beiden ist nun komisch…
Ich finde, dies ist nicht eindeutig zu beantworten!

Wir laufen nun an Bächen entlang, über verschneite Wanderwege und das alles kostet schon ein wenig Kraft. Das Tempo wird so gewählt, dass man nicht ins starke schwitzen kommt – bei einem tagesfüllenden Lauf ohne Wechselklamotten für unterwegs (die frischen Sachen werden für die Heimfahrt benötigt) in dieser Kälte einfach notwendig, um nicht irgendwann zu frieren, mehr zu frieren, stark zu frieren. Es ist eine herrliche Winterlandschaft.

Bei Schnackenwöhr km 20 passieren wir eine beeindruckende Felsformation mit dem Namen Alter Fritz (OK, den Namen gibt es für Felsen öfters…), bevor wir uns auf den langen Weg nach Obernsees und seiner Therme bei der Marathonmarke machen. Viele Feldwege, keine Menschen und nur ganz selten ein Weiler bedeuten auch viel Ruhe und Entspannung. Da wir schneller als gedacht vorwärts kommen, beginnen wir zu rechnen, ob wir in Obernsees die Gaststätte mit Öffnungszeit ab 16:00 nicht zu früh passieren. Abwarten…
Ein kleiner, hoch akrobatischer Sturz, mit vielen Kunstformen des modernen Eislaufs geht dank des mit Bekleidung gefüllten Rucksacks ohne Beschwerden aus. Ja, unter Schnee kann auch Eis sein. Ja, dieses Mal habe ich Glück gehabt und zur Erheiterung beigetragen. Gern geschehen 😉
Wir essen kurz ein paar Kanarische Salzkartoffeln, welche Hansi zubereitet hat (nur leider mit etwas zu wenig Salz, aber dafür hat Flo einen Salzstreuer einstecken;). Danke Hansi 🙂

Wir steigen kurz vor dem Ort zur Knockhütte auf und haben den ersten längeren Anstieg der Tour. Bisher waren die HM eher in Form eines welligen Geländes dargereicht worden und kaum spürbar. Die Hütte liegt auf einem Hügel mit schöner Fernsicht und wurde ohne bauliche Notwendigkeit auf Stelzen errichtet! Genial!
Der Gastrobetrieb hat im Winter nur leider zu und wir haben keine Münzen dabei, um den Automaten zu füttern. Wir machen kurz Rast, essen und trinken etwas und brechen nach 10 Minuten wieder auf, als sich die Kälte unangenehm bemerkbar macht, obwohl dieses Fleckchen Erde auch etwas mehr Zeit verdient hätte. Hilft nichts. Kalt ist kalt.

Es kommt, wie befürchtet, wir sind vor 16 Uhr in Obernsees und die Gaststätte macht entgegen den Angaben im Internet sogar erst um 16:30 auf. Schade.
Die Therme hat auch keinen von außen zugänglichen Verkauf, weshalb wir uns kurz beratschlagen, wie wir fortgehen sollen. Von der Route herunter und zu einer Gaststätte laufen oder auf der Route bleiben und die Brauerei in Weiglathal bei km 60 ansteuern? Ich entscheide mich für die Brauerei und die anderen schließen sich an. Essen und Getränke haben wir noch und wir sollten die Brauerei auch bald erreichen. Eine Fehleinschätzung…

Einer aus unserer Mitte tut sich nun hart und muss langsam beißen. Er kämpft sich stoisch und mit der nötigen Gelassenheit vorwärts, aber das Tempo sinkt. Was nun tun? Wir rufen in der Brauerei an, reservieren einen Tisch, ahnen aber noch nicht, dass das Tempo weiter sinken wird. Und nun? Zwei von uns laufen in die einsetzende Nacht hinein in ihrem Tempo zu, um nicht zu frieren und den Tisch zu ergattern und ich bleibe beim vierten Mann und begleite ihn durch die einbrechende Dunkelheit. Mittlerweile schneit es auch ununterbrochen und die Sicht wird im Schein der Stirnlampen immer kürzer, die Wege immer schwerer zu laufen und der verschneite Wald immer stiller. Eine herrliche Atmosphäre macht sich breit und ich genieße die Zeit im Freien.
Die Aufteilung war logisch, richtig und für mich in Ordnung. Dass wir dann mit einer Differenz von knapp einer Stunde ankommen würden, konnte keiner ahnen. Die Entscheidung bereue ich aber nicht.

In Weiglathal angekommen setzen wir uns zu den beiden Mitstreitern, bekommen Bier, welches nur hier vor Ort verkauft wird, setzen unsere Teddys – die mittlerweile auf die Namen Balu, Fränki und Pu hören – auf den Tisch und bestellen Bratwürste, Schmalzbrot und noch ein Bierchen.
Es schmeckt, wir lachen, freuen uns unseres Lebens und genießen die Gemeinschaft. Der letzte Zug nach Nürnberg fährt um 22:37 und wir haben noch 12 km bis nach Creußen. Nun treffen wir die Entscheidung, dass ein anderer von uns mit dem tapferen, aber geschlauchten Mitstreiter früher aufbricht und zwei von uns noch ein weiteres trinken dürfen. Also sitzen bleiben und noch eines bestellen. Vor allem weil die Nachbarn nun beginnen, uns auszufragen, weil sie neugierig geworden sind. Zu sehr fallen wir optisch auf, zu sehr sieht es nach Sport aus, Sport mit Bier.

Was man so alles im Schnee findet

Nun geht’s los. Als „zweite Startgruppe“ starten wir (beim Verlassen der Gaststätte ist es KALT) mit Tempo. Wir laufen schnell und kraftvoll durch den immer höher werdenden Schnee auf die Stadt zu. Die Navigation klappt gut, wir lachen und erfreuen uns am Speed. OK, langsam drückt auch die Zeit, weil wir definitiv den letzten Zug erwischen müssen, aber es ist auch so eine Runde Nummer. Die Kilometer verfliegen und wir stehen kurz vor dem Zielort – und schwupp lieg ich da.
Eis. Dieses Mal nur ohne Kunststück. Schnörkellos, schnell und direkt gefällt. Direkt auf die Seite. Dieses Mal spüre ich den Oberschenkel heftig und liege einen kurzen Moment da. Das gibt einen heftigen blauen Fleck und ich werde die ersten Nächte nicht mehr auf dieser Seite schlafen können. Kein unbekanntes Gefühl, aber 3 km vor dem Ziel noch nötig? Na gut. Ich werde hochgezogen, klopfe mich ab und weiter geht die Show.
Rein in den Ort, umziehen und zum Bahnhof, wo die anderen zwei auf uns warten und ein Wegbier besorgt haben.

Wir steigen in den letzten Waggon ein, indem nur drei Mädels hocken, Wodka trinken, singen, tanzen und auf den Weg von Bayreuth nach Nürnberg ins WON sind. Sie schauen uns mit den Teddys und dem Outfit an, als ob wir Aliens sind und wir finden sie für ihre Moves peinlich. Alles eine Frage der Perspektive.

Euer Thorsten