- Samstag, 12. Februar 2022
- 48,8 km + 710 HM
- 6 h 30 min
Das Konzept
Man nehme eine Flasche, drehe sie und laufe anschließend X Stunden in die angezeigte Richtung – egal wohin sie einen führt! Eigentlich ein einfaches Konzept, oder?
Bei unserer ersten Durchführund im vergangen Jahr – dem Flaschendrehlauf 1.0 – stolperten wir dann doch über die eine oder andere Hürde. Was wertet man als Weg, der noch einzuschlagen ist? Wann verlässt man die Richtung, um einen Endpunkt zu erreichen, von dem man auch wieder nach Hause gelangen kann. Wer bestimmt die Richtung?
An diesem Wochenende wollten wir unseren neuen Freunden vom Laufend Entdecken Podcast, den wunderbaren Charakteren Peter und Flo, aus Wien dieses „Konzept“ näher bringen und eine gute Zeit zusammen mit unseren Familien und Partnern verbringen. Also lösten wir die Probleme folgendermaßen: Der Kompass an meinem Rucksack ist ausschlaggebend, bei Wahlmöglichkeiten nehmen wir die schöneren Wege und vertrauen hierfür auf unsere österreichischen Freunde (d.h. es wird sich nicht immer sklavisch an die Richtung gehalten!!!), nach 6 bis 7 Stunden soll wieder ein Bahnhof erreicht sein (wir drehten nach 5,5 Stunden in Richtung Bahnhof ein und erreichten diesen eine Stunde später)
Flo, Hansi und ich aus Nürnberg, Andy aus Rosenheim, Peter und Flo aus Wien und drei weitere liebenswerte österreichische Mitstreiter – fertig ist das Läufergericht.
Tag X
Der Bahnhof bietet sich für uns als Treffpunkt wunderbar an, nur haben wir keine leere Flasche? Wie lösen wir das?
Sektfrühstück ist doch in hippen Kreisen beliebt! Ok, das Essen lassen wir weg, aber der Sekt geht immer.
Während wir vor dem Bahnhof stehen und die Flasche drehen geseelt sich ein Sandler zu uns, der sich ein Schlückchen erhofft. Entschuldigung! Sie war schon leer, nur er konnte es nicht verstehen. Ihm unser Vorhaben zu erläutern funktioniert genausowenig. Macht nichts, mit einem Lächeln verabschiedet man sich trotzdem.
Es geht zwar einmal Richtung Norden durch die Stadt, aber uns, den Gästen in diesem Land, passt dies wunderbar! Sightseeing in Wien! In Laufschuhen! Was fehlt noch? Ein Guide und der ist auch gleich dabei: Wir haben tatsächlich jemanden mit an Bord, der in Wien Stadtbesichtigungen für Läuferinnen und Läufer anbietet. Wie geil ist das denn? Peter und Flo – ich weiß nicht, wo ihr ihn gefunden habt, aber er war mega sympathisch und gut informiert, also perfekt!!!
Da Wien nur so vor Geschichte und Bauwerken strotzt wird der Stadtabschnitt genial kurzweilig. Ruhiger wird es erst nach einer Zeit auf der Donauinsel, als wir der Stadt langsam aber sicher den Rücken kehren und in den Speckgürtel dieser Metropole kommen, der immer wieder wunderbar grüne Flecken Erde bietet. Die Stadt überrascht mich positiv!
Mit dem Bisamberg nach ein paar Stunden erreichen wir Peters Trailrevier und sind vom Kontrast Singletrail-Stadt überrascht. Hier geht es genial rauf und runter. Man ist nie weit vom nächsten Ort entfernt und doch mitten in der Natur. Ein kleiner Geschichklichkeitsparcour wird zum Spielplatz der Männer (oder großen Kindern – ihr könnt es euch heraussuchen). Überrascht bin ich auch, dass diese Österreicher eine solch unverkrampfte und sarkastische Haltung zu ihrer eigenen Politik und Geschichte entwickelt haben, welche ich mir für Deutschland auch manchmal wünsche. Wir sind uns so ähnlich und dann in den kleinen Dingen doch anders.
Die Zeit zieht ins Land, wir laufen schneller, wir laufen langsamer, keine Gaststätte hat Samstag Mittag offen, wir streunen durch Wälder, über Felder, vorbei an Sportplätzen und einer Burg und stehen dann am frühen Nachmittag bei Sonnenschein auf dem Waschberg am Gipfelkreuz und die Welt liegt uns zu Füßen.
Was nun folgt? Was sich jeder Trailrunner wünscht! Man sieht einen Downhill durch die Landschaft ziehen und weiß sofort: Ich muss ihn laufen! Die Richtung? Egal. Macht Lauft glücklich? Nicht immer, aber die Momente, in denen es so ist, sind unbezahlbar.
Am Bahnhof gibt es wenigstens einen Kiosk, der uns mit dem heimischen Gerstensaft versorgt. Wir schlüpfen in einen Berg trockener Klamotten, lachen, quatschen und sind für diese 6,5 Stunden dankbar. Kann man mehr vom Leben verlangen? In diesem Moment mit Sicherheit nicht.
Euer Thorsten